„Wir wären ein guter Gastgeber“

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Sportmanager Mronz über Olympia in Deutschland
„Wir wären ein guter Gastgeber“

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Michael Mronz spricht er über den Sport in Nordrhein-Westfalen


Michael Mronz (54) ist als Organisator des CHIO in Aachen und zahlreichen anderen Events seit Jahrzehnten einer der führenden Sportmanager in Deutschland. Im Interview mit BILD am Sonntag spricht er über den Sport in Nordrhein-Westfalen.

Was macht das Sportland NRW aus Ihrer Sicht so besonders?

„Vor allem die Menschen, speziell die große Vielfalt an unterschiedlichsten Charakteren. Das macht auch im Sport das Vereinsleben aus. Eigenschaften wie Herzlich- und Ehrlichkeit, oder die im Ruhrgebiet bekannte Malochermentalität sind auch für den Sport, besonders für das Vereinsleben in Nordrhein-Westfalen, prägend. Mehr als 500000 Menschen engagieren sich ehrenamtlich in 18 000 Sportvereinen, in denen über 5 Millionen Menschen Sport treiben. In NRW gibt es zehn Fußballstadien mit mehr als 25.000 Plätzen, 24 Großsporthallen mit Platz für mehr als 3000 Zuschauer, dazu 4.750 Großspielfelder und knapp 7.000 Turn- und Sporthallen. Die vorhandene Sportstätteninfrastruktur ist europaweit einzigartig.“

Welchen Platz nimmt das Sportland NRW im bundesweiten Vergleich ein?

„NRW ist Deutschlands Sportland Nummer 1.. Ein Beispiel dafür: Von den 750000 Sportabzeichen, die 2019 in der Bundesrepublik gemacht wurden, kommen 215000 aus NRW. Die meisten Medaillen bei Olympischen und Paralympischen Spielen holen Athleten von hier. NRW ist Gastgeber zahlreicher nationaler und internationaler Wettbewerbe. Der Sport ist in NRW zu Hause.“

„NRW hat als erstes Bundesland den Sport in die Staatskanzlei geholt. Das unterstreicht den hohen Stellenwert und den Handlungsbedarf. Es gibt bundesweit einen großen Renovierungs-Stau bei den Sportvereinen. Um Nachwuchs zu finden, muss die Infrastruktur der Sportstätten aber so attraktiv sein, dass junge Menschen Spaß haben, dorthin zu gehen. Deshalb war es wichtig, dass die aktuelle Landesregierung ein in Deutschland einmaliges Investitionsprogramm aufgelegt hat, mit dem 300 Mio. Euro in die Sanierung und Modernisierung der Sportstätten fließen. Es wäre sehr zu begrüßen, dieses Programm nach den Landtagswahlen 2022 fortzuführen. Nur durch zeitgemäße Sportstätten wird es gelingen, wieder mehr junge Menschen an den Sport heranzuführen. Gleichzeitig müssen die Ausfallzeiten im schulischen Sportunterricht zeitnah drastisch reduziert werden. Mit einem breiten Fundament wird Deutschland dann auch wieder mehr Medaillen bei Großereignissen gewinnen. “

Hat das Land – vor allem mit Blick auf den Fußball – die besten Tage hinter sich?

„Nein. Bei der Fußball-EM 2024 geht NRW mit vier Stadien (Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln, Anm. d. Red.) an den Start. Kein Bundesland hat mehr. Ein Drittel der Bundesligavereine kommt aus NRW. Das zeigt die Kraft und die Begeisterung für den Fußball im Bundesland. Aber ich finde, dass zu sehr auf den Fußball geschaut wird.

Wie lässt sich das ändern?

„Man muss den Blick in Summe wieder mehr auf den gesamten Sport richten. Corona zeigt, wie enorm wichtig der Sport als soziales Element in unserer Gesellschaft ist. Sport ist unter anderem Bildung, Ausbildung, Weiterbildung. Er ist Integration, Bewegungsvielfalt, Fairplay, Teamgeist. Sport wirkt Adipositas entgegen. Das sind gesamtgesellschaftliche Themen, die der DOSB jetzt inhaltlich und visionär vorantreiben muss.“

Auf welches NRW-Sportevent, welchen NRW-Sportverein, welche NRW-Athleten werden Sie im Ausland zuerst angesprochen?

„Natürlich auf den CHIO (lacht). Mit über 350000 Zuschauern sind wir die größte Sportveranstaltung Deutschlands und werden als größtes Reit-Event der Welt in 140 Ländern übertragen. Damit verbunden ist natürlich auch Isabell Werth als erfolgreichste Olympionikin Deutschlands (7xGold, 5x Silber bei 7 Teilnahmen, Anm. d. Red.). Timo Boll ist als Tischtennisspieler ein Superstar in Asien. Überrascht bin ich, dass ich oft nach dem 1. FC Köln gefragt werde, speziell in Fernost. Aber ich würde gern auch mehr auf andere Athleten angesprochen werden.“

Wen meinen Sie?

„Beispielhaft Felix Streng, unser Paralympics-Sieger über 100 Meter in Tokio. Wenn er Sieger bei den Olympischen Spielen geworden wäre, wäre er ein Volksheld. Es ist wichtig, den Menschen Leistungen von Athleten mit Handicap bewusster zu machen. Ich appelliere da auch an uns selbst. Ich hoffe, dass es in einigen Jahren viele Sportveranstaltungen gibt, bei denen Menschen mit und ohne Handicap parallel ihre Wettbewerbe austragen. Auch beim CHIO in Aachen, woran wir bereits arbeiten. Diversität darf nicht nur artikuliert, sondern muss auch gelebt werden.“

In Deutschland, speziell in Berlin und NRW sind in den letzten zwanzig Jahren viele Großereignisse ausgerichtet worden. Nur die Olympischen Spiele fehlen. Sie haben sich mit Ihrer Rhein-Ruhr-Initiative für eine Ausrichtung 2032 starkgemacht. Den Zuschlag erhielt das australische Brisbane. Wäre NRW wirklich bereit für Olympia?

„Ja, auch wenn wir am Anfang für unsere Idee belächelt wurden. Brisbane zeigt: Regionen-Konzepte sind Gewinner-Konzepte. Ich denke, wir wären ein attraktiver Gastgeber mit einem ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Angebot. 90 Prozent der Sportstätten sind schon vorhanden. Wir sind bereit, diese Vielfalt als Dekadenprojekt über 2032 hinaus aufrechtzuerhalten.

Welche anderen sportlichen Großereignisse sehen wir in Zukunft in NRW?

„2023 finden in Düsseldorf die Invictus Games (Sportevent für kriegsversehrte Soldaten, Anm. d. Red.) statt. Zwei Jahre später folgt die Universiade (Welthochschulspiele, Anm. d. Red.). Wir werden auch in Zukunft oft den Zuschlag für Welt- und Europameisterschaften, wie beispielsweise im Hockey, Handball und Kanu, erhalten. Und auch E-Sports boomt. NRW und seine Menschen sind tolle Gastgeber. Als Deutschlands Sportland Nummer 1 hat NRW ideale Voraussetzungen, um ein erfolgreicher und nachhaltiger Ausrichter für Olympische und Paralympische Spiele zu sein.“

Bild Zeitung
 
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