BGL Ligue / Ben Vogel (Rosport): „Sehe mich als Amateur – auch wenn nicht jeder in der Liga einverstanden ist“

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BGL Ligue / Ben Vogel (Rosport): „Sehe mich als Amateur – auch wenn nicht jeder in der Liga einverstanden ist“

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Die Victoria Rosport will mit gutem Gewissen in die Winterpause gehen. Warum es zuletzt vier Niederlagen in Serie hagelte und trotzdem keine Panik an der Sauer ausbrach, erklärte Routinier Ben Vogel. Der 28-Jährige sprach auch über seinen Transfer und seine Einstellung zum Luxemburger Fußball.

Tageblatt: Warum war zuletzt bei der Victoria Rosport der Wurm drin?

Ben Vogel: Diese Serie von vier Niederlagen hat schon sehr geschmerzt, vor allem aber die Pleiten gegen Käerjeng und Mondorf. Unsere Leistung war schlecht. Wenn wir eine gewisse Konstanz reinbringen wollen, darf uns so etwas nicht passieren. Das sind Punkte, die uns teuer zu stehen kommen könnten. In den beiden anderen Duellen haben wir uns zwar gut präsentiert, doch gegen zwei gute Mannschaften (Differdingen und Düdelingen) verloren. Und schon hat man ganz schnell vier Spiele in Serie verloren, obschon wir vorher eigentlich einen guten Lauf hatten. Es ist klar, dass wir gegen den Abstieg spielen. Wir hatten uns in eine gute Lage gebracht, die wir verschenkt haben. Es zeigt aber auch, dass in der Tabelle alles nah beieinander liegt und jedes Spiel eine 50:50-Angelegenheit sein kann. Wir hatten das Quäntchen Glück während einer gewissen Zeit auf unserer Seite, aber das haben wir jetzt aus der Hand gegeben.

Was ist denn ärgerlicher: schlechte Leistungen oder in der Tabelle von Platz vier nach unten durchgereicht zu werden?

Die Tabelle habe ich mir bislang nicht gerne angesehen, auch nicht, als wir auf Platz vier standen. Das ist trügerisch. Es täuscht und spiegelt die Realität nicht unbedingt wider. Wir hatten teils auch „Match-Glück“, das uns abhandenkam. Differdingen setzte sich bei uns 1:0 durch, obschon es möglicherweise nicht verdient war. Aber sie können diese Spiele für sich entscheiden, weil sie Leader sind. Würden sie auf Platz fünf stehen, wäre es vielleicht nicht der Fall. Für mich persönlich – und ich denke auch für die meisten meiner Mitspieler – stimmt es wirklich, dass wir von Spiel zu Spiel sehen. Ich weiß nicht einmal, wo wir gerade stehen. Damit bin ich bestimmt nicht der Einzige. Es geht darum, Punkte zu sammeln, damit es im Mai reicht. Wir können uns ja auch nicht darauf verlassen, dass wir in der Rückrunde noch einmal einen Lauf haben werden, wie wir ihn im September erlebt haben. Für uns bedeutet jeder Pflichttermin Arbeit und Aufwand. So gehen wir die Sache gemeinsam an.

Was will Rosport dabei auf den Platz bringen?

Leidenschaft und Kampf. Das sind Rosporter Tugenden, die zu jedem unserer Spieler passen. Das alleine reicht aber nicht. Aus unserer Kompaktheit wollen wir umschalten. Zuletzt haben wir uns schwergetan, Tore zu schießen. Teilweise gelingt es uns, obschon das Fußballerische fehlte – sprich im richtigen Moment Ruhe reinzubringen und kein „Pingpong“ zu spielen, sondern den Ball kontrollieren. Umschalten heißt nicht, den Ball sofort blind nach vorne zu ballern. Das war in den letzten Wochen nicht ideal. Dass die Philosophie aber zu uns passt, haben wir ja bereits bewiesen.

Wie sieht es denn mit den individuellen Qualitäten aus?

Wir haben in der Offensivreihe Spieler, denen man es verzeiht, wenn sie defensiv mal einen Meter weniger machen. Das ist der Klassiker: Es gibt diejenigen, die individuell den Unterschied machen müssen. Die Mannschaft hängt von ihnen ab. Umgekehrt gibt es dann auch die, die für das Team ackern und die im Endeffekt nicht in der Zeitung für ihre Tore gefeiert werden. Sie haben aufgeräumt und geschuftet. Man braucht beides. Keiner ist sich zu schade, die Meter zu gehen. Unsere Stürmer tun ihren Job mit einer gewissen Demut, denn sie sind nicht unbedingt die größten Individualisten, sondern mannschaftsdienliche Spieler. Wir haben eine gute Mischung. Es macht Spaß, selbst in der Phase, in der es nicht so gut lief. Klar, wir sind genervt und wollen es besser machen. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen für unsere Gruppe, die geschlossen auftritt.

Sie sind von Niederkorn, einem Team, das individuell stärker besetzt ist, zurück nach Rosport gewechselt. Was kommt Ihnen als Fußballer besser entgegen?

Ich habe den Ball schon gerne am Fuß, mit zunehmendem Alter immer mehr. Ich traue mir mehr zu, weil ich über die Jahre gemerkt habe, dass ich gar kein so schlechter Fußballer bin und nicht nur verteidigen kann (lacht). In Rosport kommt es vielleicht mehr auf meine individuellen Qualitäten an, während das in Niederkorn leichter kompensiert wurde. Das Leidenschaftliche, Kämpferische macht mir eigentlich mehr Spaß, als den schönen Ball zu spielen. In denen sechs Jahren beim Progrès haben wir zwar vielleicht den schöneren Fußball gespielt, aber im Endeffekt nichts gewonnen. Es ist ein schmaler Grat. Man muss sich dem System unterordnen. Wenn man zufrieden ist, kann man abends auch gut schlafen. Es ist ja auch nicht so, als gäbe es in Rosport keine Qualitäten. Es fehlt manchmal daran, dass wir uns nicht mehr zutrauen.

Ist das alles der Grund, warum Sie sich für eine Rückkehr an die Sauer entschieden haben – und auch dagegen, etwas Neues in der BGL Ligue zu entdecken?

Ich hatte keine Lust mehr darauf, so viel Zeit im Auto zu verbringen. Zudem geht mir derzeit die Identität im Luxemburger Fußball verloren. Wenn ich um mich schaue und die Zuschauerzahlen betrachte, kann man natürlich nach Entschuldigungen suchen und es auf die Live-Arena schieben, aber ich kann mir nicht vorstellen, wieviele Menschen sich sonntags BGL Ligue anschauen. Dann tippe ich doch eher auf Bundesliga oder Premier League. Ich wusste, dass wenn ich Niederkorn verlassen würde, es nur Rosport gebe. Ich wollte Identifikation und Wertschätzung. Klar, es wäre ein Reiz gewesen, irgendwo um einen Titel mitzuspielen. Aber mein Leben besteht nicht nur aus Fußball. Es richtet sich zwar danach, aber es geht mir in erster Linie um den Spaß. Ich sehe mich als Amateur – auch wenn nicht jeder in der Liga einverstanden ist. Man soll mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben und dem Luxemburger Fußball zurückgeben, was ihn ausmacht.

Zurück zur Aktualität: Auf welche Art Begegnung sollten sich die Zuschauer am Samstag gegen die Jeunesse einstellen?

Wahrscheinlich wird der Druck spürbar sein, beispielsweise kann ich mir vorstellen, dass es viele lange Bälle geben wird und niemand Risiken eingehen will. Wir wollen gewinnen, müssen aber nicht. Es wäre gut, wenn wir auf 20 Punkte kommen könnten. Damit könnte jeder zufrieden sein. Zwei Escher Vereine auf den Abstiegsplätzen zu sehen, ist krass. Mit einem Abstieg würde dem Luxemburger Fußball ein Stück verloren gehen – aber da müssen wir nach unseren eigenen Interessen schauen, auch wenn es mir für die Jungs leid tut. Die Jeunesse-Mannschaft scheint sich nicht gefunden zu haben und wir sollten nicht diejenigen sein, die ihr in dieser Hinsicht einen Gefallen tun …

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