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- Out 5, 2021
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Vorbild Schweden
Die Deutschen gehen zu viel zum Arzt
Neue Medizin-Kolumne der BILD am SONNTAG. Heute: Allgemeinmedizinerin und Hausärztin Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Montagmorgen, 8 Uhr: Ich bin noch nicht in meiner Praxis angekommen, da sehe ich schon die Patientenschlange vor der Tür.
In kaum einem Land gehen die Menschen so häufig zum Arzt wie in Deutschland. Im Schnitt fast einmal pro Monat! Der Europa-Schnitt liegt bei sechs Arztbesuchen im Jahr, in Schweden sind es sogar nur drei. Sterben die Schweden deshalb früher? Nein! Schweden liegt im Vergleich zu Deutschland bei der Lebenserwartung sogar vorn.
Die vielen Arztbesuche hierzulande machen unser Gesundheitswesen nicht effizienter. Nur teurer! Dabei empfehlen Gutachten seit Jahren dasselbe: Wir brauchen im Gesundheitssektor mehr Steuerung durch den Hausarzt. Und die Gesundheitskompetenz muss gestärkt werden.
Überlastung der Fachärzte
Ein praktisches Beispiel. Frau Müller (52 Jahre) leidet an unspezifischen Gelenkschmerzen. Sie sucht Rat im Internet und liest etwas über Arthrose und Rheuma als mögliche Ursachen. Sie macht sich einen Termin bei der Rheumatologin und sucht sicherheitshalber noch einen Orthopäden auf.
Die ungesteuerte Inanspruchnahme von fachärztlichen Sprechstunden führt dort zur Überlastung mit Patienten. Das ist medizinisch sinnlos, teuer und nicht selten gefährlich. Ich erlebe das täglich in der Praxis: Patienten kommen mit ganzen Aktenordnern von Befunden. Viele Untersuchungen wurden doppelt veranlasst, nicht selten fünf und mehr Medikamente von verschiedenen Ärzten verschrieben. Oft sind es welche, die sich nicht vertragen.
Das kann im schlimmsten Fall eine echte Gefahr für Leib und Leben sein!
Wenn nötig, kann der Hausarzt überweisen
Wäre Frau Müller zuerst bei ihrer Hausärztin vorstellig geworden, hätte diese ihr vermutlich erklärt, dass Gelenkschmerzen ein häufiges Symptom in den Wechseljahren sind, das über 70 Prozent aller Frauen in ihrem Alter betrifft, Rheuma dagegen nur bei 0,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung vorkommt. Besteht hausärztlich doch klinischer Verdacht auf Rheuma, könnte man bei Frau Müller auch eine Laboruntersuchung veranlassen.
Googeln ersetzt keinen Hausarzt. Und auch keine Gesundheitskompetenz. Bei dieser liegt Deutschland übrigens nur im Mittelfeld. Und ganz vorn? Schweden!
Gehen Sie also bitte zuerst zum Hausarzt. Würden das mehr Patienten beherzigen, wären die Wartezeiten auch nicht mehr so lang, falls doch die Fachärztin weiterhelfen muss.
Bild Zeitung
Die Deutschen gehen zu viel zum Arzt
Neue Medizin-Kolumne der BILD am SONNTAG. Heute: Allgemeinmedizinerin und Hausärztin Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Montagmorgen, 8 Uhr: Ich bin noch nicht in meiner Praxis angekommen, da sehe ich schon die Patientenschlange vor der Tür.
In kaum einem Land gehen die Menschen so häufig zum Arzt wie in Deutschland. Im Schnitt fast einmal pro Monat! Der Europa-Schnitt liegt bei sechs Arztbesuchen im Jahr, in Schweden sind es sogar nur drei. Sterben die Schweden deshalb früher? Nein! Schweden liegt im Vergleich zu Deutschland bei der Lebenserwartung sogar vorn.
Die vielen Arztbesuche hierzulande machen unser Gesundheitswesen nicht effizienter. Nur teurer! Dabei empfehlen Gutachten seit Jahren dasselbe: Wir brauchen im Gesundheitssektor mehr Steuerung durch den Hausarzt. Und die Gesundheitskompetenz muss gestärkt werden.
Überlastung der Fachärzte
Ein praktisches Beispiel. Frau Müller (52 Jahre) leidet an unspezifischen Gelenkschmerzen. Sie sucht Rat im Internet und liest etwas über Arthrose und Rheuma als mögliche Ursachen. Sie macht sich einen Termin bei der Rheumatologin und sucht sicherheitshalber noch einen Orthopäden auf.
Die ungesteuerte Inanspruchnahme von fachärztlichen Sprechstunden führt dort zur Überlastung mit Patienten. Das ist medizinisch sinnlos, teuer und nicht selten gefährlich. Ich erlebe das täglich in der Praxis: Patienten kommen mit ganzen Aktenordnern von Befunden. Viele Untersuchungen wurden doppelt veranlasst, nicht selten fünf und mehr Medikamente von verschiedenen Ärzten verschrieben. Oft sind es welche, die sich nicht vertragen.
Das kann im schlimmsten Fall eine echte Gefahr für Leib und Leben sein!
Wenn nötig, kann der Hausarzt überweisen
Wäre Frau Müller zuerst bei ihrer Hausärztin vorstellig geworden, hätte diese ihr vermutlich erklärt, dass Gelenkschmerzen ein häufiges Symptom in den Wechseljahren sind, das über 70 Prozent aller Frauen in ihrem Alter betrifft, Rheuma dagegen nur bei 0,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung vorkommt. Besteht hausärztlich doch klinischer Verdacht auf Rheuma, könnte man bei Frau Müller auch eine Laboruntersuchung veranlassen.
Googeln ersetzt keinen Hausarzt. Und auch keine Gesundheitskompetenz. Bei dieser liegt Deutschland übrigens nur im Mittelfeld. Und ganz vorn? Schweden!
Gehen Sie also bitte zuerst zum Hausarzt. Würden das mehr Patienten beherzigen, wären die Wartezeiten auch nicht mehr so lang, falls doch die Fachärztin weiterhelfen muss.
Bild Zeitung