Ex-Nationalkeeper auf einem Auge fast blind

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Karriere-Ende mit 40
Ex-Nationalkeeper auf einem Auge fast blind


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Er hat 15 Länderspiele für Deutschlands Handball-Nationalmannschaft bestritten, spielte in der Bundesliga beim SC Magdeburg, beim ASV Hamm, für HBW Balingen, bei der TSV Hannover-Burgdorf, für die Füchse Berlin und den HC Erlangen.

Aktuell ist Martin Ziemer mit den Kadetten Schaffhausen im Schweizer Play-off-Finale (Best-of-5) gegen den HC Kriens nur noch einen Sieg vom Titelgewinn entfernt. Danach will Ziemer seine aktive Karriere mit 40 Jahren beenden, 23 Jahre lang hütete er ein großes Geheimnis.

Nationalkeeper stand einäugig im Tor

Ziemers Karriere war fast schon beendet, als er mit 17 im Nachwuchs des SC Magdeburg spielte. „Ich bekam einen Wurf auf das rechte Auge und habe nichts mehr gesehen.“ War der Beginn einer monatelangen Leidenszeit.

Ziemer: „Die Untersuchungen haben zehn Tage gedauert. Es war zu viel Blut im Auge, was von außen gar nicht zu sehen war. Die Netzhaut war völlig zerfleddert, abgelöst und völlig kaputt, ich musste zwei Mal operiert werden. Mir wurde ein Kunststoffring eingesetzt, damit die Netzhaut wieder anwachsen kann."

Ziemers Glücks-Moment in der Rostocker Augen-Klinik: Dr. Eike Berger, selbst früher Handballer bei Empor Rostock, gab alles. Ziemer: „Aber er sagte mir auch, dass ich mir Handball abschminken kann. Ich wollte das aber nicht glauben.“

Die Folge: „Ich hatte auf dem rechten Auge nur noch 30 Prozent Sehkraft. Es ist schwierig zu beschreiben, was man mit einem so operierten Auge sieht. Ich musste mich an das neue Sehen erst gewöhnen. Handball ist schneller Sport, im Tor gleich doppelt. Später habe ich noch eine Kunstlinse bekommen.“

Kurios: Der Wurf auf das Auge sorgte dafür, dass bei Ziemer die Wehrpflicht flach fiel: „Bei der Bundeswehr wurde ich ausgemustert. Für den Bund war ich zu blind, für den Deutschen Handballbund hat's später gereicht. Ich durfte im April 2011 sogar in meiner Heimatstadt Rostock das Nationalmannschafts-Debüt gegen Norwegen feiern.“ Dr. Berger, der das rechte Auge elf Jahre zuvor operierte, saß beim Debüt auf der Tribüne.

Mit den Kadetten Schaffhausen steht er nun kurz vor dem Titelgewinn in der Schweiz. Wo war es im Rückblick am schönsten, Herr Ziemer?

Der Torwart: „Am längsten, schönsten und intensivsten war sicher die Zeit bei der TSV Hannover-Burgdorf, wo ich vielleicht am meisten zur Entwicklung des Klubs beitragen konnte. Der Abschied von Hannover war emotional für mich schwierig. Bei HBW Balingen wurde ich zum Nationalspieler. Beim HC Erlangen, ein grundsätzlich guter Verein mit tollen Fans, gab und gibt es ein paar Personen, wo man sagt, da muss man auf sich aufpassen und sich nicht alles bieten lassen. Aber am Ende wurde ich dort nach der ersten Spielzeit zum Spieler der Saison gewählt.“

Und wie geht's ab Sommer weiter? Ziemer: „Ich kehre nach Deutschland zurück und werde dem Handball auf andere Art und Weise erhalten bleiben. Ich muss jetzt herausbekommen, wie das andere Leben nach der Sportler-Karriere funktioniert. Mir war immer klar, das Profi-Sportler zu sein ein Privileg ist.“

Ein Privileg, für das er aus eigener Tasche viel bezahlte. Zehn Jahre verbrachte Ziemer den Sommer-„Urlaub“ in der Exos-Akademie in Phoenix (Arizona/USA). Die Kosten für das Fitness-Camp, in dem auch Navy-Seals und NFL-Footballer trainieren, finanzierte er all die Jahre zum Großteil (rund 100 000 Euro) selbst.

Bild Zeitung
 
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