Ex-Nationalspieler jetzt Mentalcoach

Roter.Teufel

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Ex-Nationalspieler jetzt Mentalcoach


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Marcel Risse wusste, was gleich geschehen würde, er hatte die Szenerie ja oft genug vor seinem geistigen Auge gesehen. Da lag der Ball also, mehr als 30 Meter vor dem Gladbacher Tor. Die Gegner hatten keine richtige Mauer gestellt, zu weit erschien ihnen die Distanz für den Schützen des 1. FC Köln.

Risse nahm drei Schritte Anlauf, traf den Ball optimal mit dem rechten Spann. In perfekter Kurve flog die Kugel über Borussen-Torwart Yann Sommer in den Winkel an jenem 19. November 2016.

Was Risse nicht wissen konnte: Sein Siegtreffer zum 2:1 in der Nachspielzeit des Rheinderbys sollte wenig später zum „Tor des Jahres“ gewählt werden.

Christian Pander (40) schmunzelt bei der Erinnerung an Risses Traumtor. Nicht, dass er selbst haufenweise solche Tore geschossen hätte in seinen 141 Bundesligaspielen für Hannover und Schalke, seine Aufgaben als Defensivmann waren damals andere (wobei sein Treffer für Deutschland gegen England zum „Tor des Monats“ im August 2007 gewählt wurde).

Trotzdem weiß er genau, wie der Treffer zustande gekommen ist.

„Visualisierung“ heißt das Zauberwort. Pander erklärt: „Es geht darum, unter anderem gewisse Spielsituationen geistig durchzuspielen und vorauszuplanen. Wenn die Spieler dann in die konkrete Situation kommen, haben sie das nötige Rüstzeug, um sich darin zurechtzufinden.“

Marcel Risse war damals Klient von Sharon Paschke (41), Panders Freund und Geschäftspartner, der Pander in die Kunst des Mentaltrainings einführte. Der beendete ziemlich genau zum Zeitpunkt von Risses Tor seine Fußball-Karriere wegen anhaltender gesundheitlicher Probleme – anderthalb Jahre war er da bereits vereinslos. Zwei Länderspiele für Deutschland standen auf seinem Lebenslauf, elf Bundesliga-Jahre, aber auch immer wieder herbe Rückschläge durch schwere Verletzungen.

„Ich habe mich dann gefragt, wie ich anderen Sportlern helfen kann, mit solchen Rückschlägen und Herausforderungen umzugehen, die ich verarbeiten musste“, sagt Pander, „und mit Sharon hatte ich jemanden, der das schon kannte und mir gezeigt hat, wie es geht.“

Schon während seiner aktiven Zeit interessierte er sich für mentale Aspekte des Sports: „Mein erster und eigentlich einziger ‚Mentaltrainer‘ während meiner Karriere war mein Physiotherapeut. Mit dem habe ich alles besprochen, ich lag ja oft genug auf seiner Pritsche. Bei den Vereinen wurde zwar gern davon gequatscht, mit Psychologen zusammenzuarbeiten. Aber kümmern mussten sich die Spieler dann meistens selbst. Daran hat sich bis heute leider nicht viel geändert“, sagt Pander.

Er machte eine Ausbildung zum Mentaltrainer, gründete mit Sharon Paschke die Firma MENTALetics GmbH und bietet auf der Homepage (mentaletics.com) heute umfangreiche Unterstützung und Programme für Sportler.

Einer der Klienten von Pander und Paschke ist Leandro Barreiro (23), Stammspieler bei Bundesligist Mainz 05. Der laborierte vor einiger Zeit an einem Riss im Trommelfell, die Ärzte rieten zu einer Operation. Pander zeigte dem Mittelfeldspieler, wie er den Heilungsprozess durch Visualisierung mental unterstützen könne. Dabei musste der Fußballer sich unter anderem immer wieder vorstellen, wie sein Trommelfell heilen würde.

Das Ergebnis verblüffte auch die Mediziner. Bei einer Kontrolluntersuchung war der Riss so gut wie verheilt. „Dadurch habe ich mir eine Operation und einen dreimonatigen Ausfall erspart“, sagt Barreiro heute.

Das Mentaltraining habe zudem „eine sehr positive Wirkung auf meine Gedanken und mein Spiel“, ergänzt er: „Es hilft mir dabei, mich zu verbessern. Ich bin viel entspannter und besser im Umgang mit Herausforderungen.“

Zwei Treffer in 14 Spielen hat Barreiro in dieser Saison geschossen. Eine gute Quote für einen defensiven Mittelfeldspieler. Ein „Tor des Jahres“ war noch nicht dabei. Aber Pander und er arbeiten dran ...

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