Notícias Kretzschmar: DAS nervt mich heute am Handball

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Ikone im großen EM-Interview
Kretzschmar: DAS nervt mich heute am Handball


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Er ist unser bekanntestes Handball-Gesicht! Der frühere Weltklasse-Linksaußen Stefan Kretzschmar (50) begleitet als TV-Experte für Dyn die Handball-Europameisterschaft. BILD sprach mit dem Sportvorstand der Füchse Berlin über seine ersten Eindrücke der Heim-EM.

BILD: Die deutsche Mannschaft hat am Mittwoch ihr erstes EM-Spiel gegen die Schweiz gewonnen – vor 53 586 Zuschauern im Düsseldorfer Fußballstadion. Wie gern hätten Sie da noch mal auf dem Platz gestanden?

STEFAN KRETZSCHMAR (50): Das war das erste Mal nach Beendigung meiner aktiven Karriere (2007; Anmerkung der Red.), dass ich echt neidisch war auf die Jungs da unten auf der Platte. So etwas habe ich persönlich im Handball noch gar nicht gesehen. Wie der DHB und die EHF das organisiert, logistisch und architektonisch geschafft haben, in der Halle solch eine Atmosphäre und Stimmung zu erzeugen, das war wirklich beeindruckend. Nach dem Mauerfall habe ich als aktiver Nationalspieler nie die Nationalhymne mitgesungen. Diesmal habe ich es zum ersten Mal gemacht, aus vollster Brust.

Warum?

Die Atmosphäre hat mich so angesteckt und mitgenommen. Ich habe so was selten erlebt, dass so viele mitgesungen haben. Normalerweise ist das immer so ein bisschen Gemurmel und Gesinge, und der Rest schweigt. Aber so aus voller Inbrunst. Das war gigantisch.

Das sah man auch den Spielern an.

Absolut. Nach dem Singen der Nationalhymne war schon klar, wer gewinnen wird und dass Andi Wolff ein überragendes Spiel machen wird.

Weil?

Weil er schon beim Singen der Nationalhymne alles gegeben hat. Das war in der Vergangenheit ja immer die große Stärke der Kroaten. Ich war früher teilweise auch neidisch auf die Franzosen, die ihre Nationalhymne emotional runterschmetterten. Auch am Tag nach dem Schweiz-Spiel war ich von der Stimmung immer noch völlig geflasht.

Am Sonntag steht in der Berliner Mercedes-Benz Arena das zweite Spiel gegen Nordmazedonien an. Muss Bundestrainer Alfred Gislason jetzt auf die Euphoriebremse treten, damit es gegen den Außenseiter keine böse Überraschung gibt?

Euphorie kann nie schaden – Feuer frei! Ich bin immer ein großer Freund der Euphorie und sehr froh, dass die Euphorie am Mittwoch erst mal entfacht wurde. Und ich freue mich natürlich auch, alles dafür zu tun, dass die Euphorie weiter angeheizt wird, da bin ich kein Karussell-Bremser.

Bei allem Respekt vor den Nordmazedoniern: Kann das überhaupt schiefgehen?

Im Handball kann immer alles schiefgehen. Aber ich weigere mich, daran zu denken, dass wir gegen Nordmazedonien verlieren können. Im Vorhinein war das für mich der schwächste Gegner in unserer Gruppe. Trotzdem hatten sie die Franzosen in der Anfangsphase des ersten Spiels zumindest vor Probleme gestellt. Das heißt auch, dass wir in dieses Spiel mit Respekt reingehen und eine ordentliche Vorbereitung machen werden. Aber unser Selbstvertrauen muss jetzt so groß sein, dass wir Mazedonien schlagen.

Und am Dienstag kommen die Franzosen, gegen die es zum letzten Mal 2013 einen deutschen Sieg bei einem großen Turnier gab.

Das ist das Finale der Vorrunde! Frankreich ist schon was Besonderes. Das ist der zweitgrößte Favorit auf den Titel nach Dänemark. Und die individuelle Klasse ist überragend. Ich finde dennoch, dass sie schlagbar sind. Wenn wir uns wieder das nötige Selbstvertrauen holen, dann ist dieser Heimvorteil schon nicht zu unterschätzen. Das haben wir gegen die Schweiz gemacht. Ich glaube, das werden wir noch mal machen.

Wie wichtig war es, dass gegen die Schweiz alle Spieler zum Einsatz gekommen sind und alle diese Euphorie auch tatsächlich auf dem Spielfeld aufsaugen konnten?

Na klar war es stark, dass alle reinkamen und ein positives Erlebnis aus diesem Spiel mitgenommen haben. So etwas erlebt man nur einmal im Leben. Jeder hat das Gefühl gehabt, Teil der Geschichte des Handballs gewesen zu sein.

Nicht jeder Trainer hätte in einem EM-Eröffnungsspiel – trotz hoher Führung – wirklich alle eingewechselt und sogar den überragenden Wolff rausgenommen, um dem Neuling David Späth ein paar Minuten zu geben. Das muss man Alfred Gislason hoch anrechnen, oder?

So etwas machen einige Trainer, aber eigentlich Alfred Gislason nicht. Alfred ist nicht dafür bekannt, viel durchzuwechseln. Und die Historie von Alfred, sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft, war schon immer so, dass er seiner ersten Sieben vertraut und die meisten auch durchspielen lässt. Deswegen war das sicher auch dem Spielstand geschuldet, aber auch ungewöhnlich.

Stichwort Gislason: Es gab ja im Mai eine merkwürdige Diskussion, wo über seine Ablösung diskutiert worden ist. Nach der EM spricht der Verband mit ihm über seine Zukunft. Glauben Sie, dass es mit ihm weitergeht?

Ich wüsste jetzt nicht, warum es mit Alfred nicht auch in den nächsten Jahren weitergehen sollte. Er ist ein unheimlicher Sympathiefaktor in der Handballgemeinde und der deutschen Bevölkerung. Er ist eine Institution und tut uns einfach gut.

Ihr ehemaliger Bundestrainer Heiner Brand hat in einer BILD-Umfrage gesagt, dass Deutschland Europameister wird. Was erwarten Sie?

Natürlich kommen jetzt die Vergleiche, dass ein Underdog auch Großes erreichen kann. Erst recht im eigenen Land, weil man weiß, was die Euphorie macht. Und man weiß auch, dass man den ein oder anderen Pfiff von den Schiedsrichtern zu Hause kriegen wird, den man – leider früher auch zum Nachteil meiner eigenen Karriere – in anderen Ländern nicht bekommt. Deswegen glaube ich, dass diese Mannschaft tatsächlich erfolgreich sein kann.

Wie definieren Sie Erfolg?

Im Vorhinein habe ich gesagt: Ich will, dass diese Mannschaft uns mitnimmt. Ich will, dass diese Mannschaft begeistert. Ich will, dass sie tollen Handball spielt. Unser Sport ist so verrückt, so unberechenbar. Da gibt es so viele Komponenten, die eine Rolle spielen, ob man erfolgreich ist oder nicht. Aber es ist eine EM im eigenen Land. Wir haben unberechenbare, gute Jungs, die eine überragende Abwehr aufbauen können. Und natürlich wissen wir auch, wie groß die Rolle des Kopfes beim Handball ist. Ich glaube, das macht 80 Prozent aus. Nehmen wir mal an, du schlägst Frankreich in der Vorrunde. Wenn das passiert, dann gehst du mit maximalem Selbstvertrauen in die Hauptrunde nach Köln. Dann ist auch das möglich, was das Orakel Heiner Brand vorausgesagt hat.

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Sie sagten anfangs, dass Sie gern beim Eröffnungsspiel auf dem Platz gewesen wären. Hätte der Stefan Kretzschmar aus seiner Blütezeit tempomäßig mit den aktuellen Protagonisten mithalten können?

Natürlich könnte ich zu meiner Prime (beste Phase; d. Red.) noch mithalten. Das stelle ich jetzt hier außer Frage. Und ähnlich wie damals wäre ich auch heute einer der Schnellsten. Schnell war ich schon immer – mit oder ohne Ball. Aber ich hätte wahrscheinlich ein Problem mit der Philosophie vom Team im Team auf der Linksaußen-Position. „Mein Konkurrent ist mein bester Freund“, das hätte ich nicht so richtig verinnerlichen können, damit hätte ich mich sehr schwergetan. Ja, die Zeiten ändern sich ...

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