- Entrou
- Out 5, 2021
- Mensagens
- 52,736
- Gostos Recebidos
- 1,465
Visums-Chaos:
Pakistan nimmt Afghanen mit Deutschland-Zusage fest
Islamabad (Pakistan) – Nach Ablauf eines Ultimatums zur Aufnahme von rund 2500 in Islamabad befindlichen Afghanen hat sich ein diplomatischer Konflikt zwischen der Bundesregierung und der pakistanischen Regierung weiter zugespitzt.
Wie WELT am SONNTAG aus Diplomatenkreisen erfuhr, hatte Islamabad Berlin bereits Ende vergangenen Jahres aufgefordert, eine Lösung für die Probleme bei den verschiedenen Aufnahmeprogrammen für afghanische Staatsbürger zu finden.
Im Rahmen dieser umstrittenen Programme erteilte Deutschland Zehntausenden Afghanen seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 Aufnahmezusagen für die Bundesrepublik, flog die Menschen aber nicht direkt ein, sondern ließ sie erst einmal nach Pakistan verbringen; dort führten Beamte von Bundespolizei, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF) und Verfassungsschutz abschließende Checks durch.
Islamabad stellte Deutschland Ultimatum
Weil der Prozess viel länger als geplant dauert – im Schnitt warten die Afghanen aktuell rund acht Monate auf ein endgültiges „Go“ – und die Visa für Pakistan nur drei Monate gültig sind, befinden sich die Menschen illegal im Land. Ein Zustand, den die Regierung in Islamabad nicht weiter akzeptieren will.
Zuerst galt für Berlin ein Ultimatum bis zum 31. März; bis zu jenem Tag sollten die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angemieteten Gästehäuser geräumt sein. Auf Drängen Deutschlands wurde die Frist bis zum 30. Juni verlängert – doch wieder passierte nichts. Aktuell befinden sich nach Informationen von WELT am SONNTAG etwa für die Finalisierung der Prozesse benötigte BamF-Mitarbeiter gar nicht vor Ort; diese waren angesichts der Risiken durch den indisch-pakistanischen Konflikt im Mai ausgeflogen worden.
Wie diese Redaktion erfuhr, begannen pakistanische Behörden wenige Tage vor Ablauf der zweiten Frist mit Razzien in den Gästehäusern und verbrachten vereinzelt Afghanen mit abgelaufenen Visa in das Haji-Abschiebelager am Rande der pakistanischen Hauptstadt. Nach Informationen von WELT am SONNTAG schlugen GIZ-Mitarbeiter Alarm und informierten die deutsche Botschaft in Islamabad über die Festnahmen.
Deutsche Beamte unternahmen in der Folge Anstrengungen, um die Abschiebungen der Menschen in ihre Heimat zu verhindern – meist mit Erfolg. Mehrfach wurden zur Abschiebung ausgewählte Afghanen in den vergangenen zwei Wochen zurück in die Gästehäuser gebracht.
„Es herrscht heilloses Chaos“
Nach Informationen von WELT am Sonntag intensivierte die pakistanische Polizei in den vergangenen Tagen ihre Einsätze in Sachen deutsches Aufnahmeprogramm. „Es herrscht heilloses Chaos“, sagte eine mit der Lage vertraute Person in Islamabad. „Unabhängig davon, wie man zu den Aufnahmeprogrammen steht, ist es ein Wahnsinn, wie mit dem Schicksal von Menschen umgegangen wird.“
Das Auswärtige Amt (AA) teilte in der Vorwoche mit, die „aufenthaltsrechtliche Situation“ für afghanische Staatsangehörige habe sich „seit Herbst 2023 verschlechtert und seit Anfang April 2025 erneut verschärft“. Die Bundesregierung stehe „in engem und hochrangigem Kontakt mit der pakistanischen Regierung, um zu verhindern, dass Abschiebungen aufzunehmende Personen aus Afghanistan betreffen, die über eine gültige Aufnahmeerklärung bzw. -zusage verfügen und sich zum Zwecke der Prüfungen im Visumverfahren in Islamabad aufhalten“.
Rund 150 Afghanen in Abschiebecamps gebracht
Am 2. Juli hieß es, dem AA sei die Festnahme zwei betroffener Familien bekannt geworden. Aktuellere Zahlen nannte das Ministerium auf Anfrage nicht. Wie WELT am Sonntag erfuhr, wurden seit Beginn der Einsätze Ende Juni mittlerweile rund 150 Afghanen mit Aufnahmezusage für die Bundesrepublik in Abschiebecamps gebracht, ihr Verbleib ist in vielen Fällen unklar.
Bemerkenswert ist auch, wie Berlin in solchen Fällen immer wieder agierte. Weil die Betroffenen bei Abschiebungen oftmals sogar ihre Reisepässe zurücklassen müssen, sind es deutsche Stellen, die sich bemühen, mithilfe von Kurieren eben jene Ausweisdokumente auf die afghanische Seite der Grenze zu verschaffen. Dort können sie die gerade Abgeschobenen wieder in Empfang nehmen – und legal wieder nach Pakistan einreisen.
Deutschland will Aufnahmezusagen einhalten
Die neue Bundesregierung hatte sich darauf verständigt, die laufenden Aufnahmeprogramme zu beenden und keine neuen aufzusetzen. Außenminister Johann Wadephul (CDU) kündigte aber an, sich an bereits erteilte Aufnahmezusagen für in Pakistan festsitzende Menschen halten zu wollen – sofern diese rechtlich verbindlich sind.
Dass dem so ist, darauf deutet ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin in dieser Woche hin. Dieses hatte am Dienstag entschieden, dass die Bundesregierung einer afghanischen Familie mit Aufnahmezusage auch ein Visum für die Einreise nach Deutschland erteilen muss.
Hat das Auswärtige Amt die Situation unterschätzt?
Nachdem mehrere Personen Klage gegen die Regierung eingereicht hatten, argumentierte das AA in einer WELT am Sonntag vorliegenden schriftlichen Erwiderung am 26. Juni noch, alle Afghanen mit Aufnahmezusage verfügten über „einen Schutzbrief, den die Deutsche Botschaft ausgestellt hat“. Außerdem stünde man in ständigem Kontakt mit den pakistanischen Behörden, die ihr Verständnis dafür erkennen lassen hätten, „dass ein Abschluss der Ausreisen in den humanitären Aufnahmeprogrammen der internationalen Gemeinschaft nicht bis zum Monatsende möglich sein wird“.
Das AA schrieb: „Eine konkrete Abschiebungsgefahr für die Antragsteller:innen ist (…) nicht dargetan.“
Bild Zeitung
Pakistan nimmt Afghanen mit Deutschland-Zusage fest
Islamabad (Pakistan) – Nach Ablauf eines Ultimatums zur Aufnahme von rund 2500 in Islamabad befindlichen Afghanen hat sich ein diplomatischer Konflikt zwischen der Bundesregierung und der pakistanischen Regierung weiter zugespitzt.
Wie WELT am SONNTAG aus Diplomatenkreisen erfuhr, hatte Islamabad Berlin bereits Ende vergangenen Jahres aufgefordert, eine Lösung für die Probleme bei den verschiedenen Aufnahmeprogrammen für afghanische Staatsbürger zu finden.
Im Rahmen dieser umstrittenen Programme erteilte Deutschland Zehntausenden Afghanen seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 Aufnahmezusagen für die Bundesrepublik, flog die Menschen aber nicht direkt ein, sondern ließ sie erst einmal nach Pakistan verbringen; dort führten Beamte von Bundespolizei, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF) und Verfassungsschutz abschließende Checks durch.
Islamabad stellte Deutschland Ultimatum
Weil der Prozess viel länger als geplant dauert – im Schnitt warten die Afghanen aktuell rund acht Monate auf ein endgültiges „Go“ – und die Visa für Pakistan nur drei Monate gültig sind, befinden sich die Menschen illegal im Land. Ein Zustand, den die Regierung in Islamabad nicht weiter akzeptieren will.
Zuerst galt für Berlin ein Ultimatum bis zum 31. März; bis zu jenem Tag sollten die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angemieteten Gästehäuser geräumt sein. Auf Drängen Deutschlands wurde die Frist bis zum 30. Juni verlängert – doch wieder passierte nichts. Aktuell befinden sich nach Informationen von WELT am SONNTAG etwa für die Finalisierung der Prozesse benötigte BamF-Mitarbeiter gar nicht vor Ort; diese waren angesichts der Risiken durch den indisch-pakistanischen Konflikt im Mai ausgeflogen worden.
Wie diese Redaktion erfuhr, begannen pakistanische Behörden wenige Tage vor Ablauf der zweiten Frist mit Razzien in den Gästehäusern und verbrachten vereinzelt Afghanen mit abgelaufenen Visa in das Haji-Abschiebelager am Rande der pakistanischen Hauptstadt. Nach Informationen von WELT am SONNTAG schlugen GIZ-Mitarbeiter Alarm und informierten die deutsche Botschaft in Islamabad über die Festnahmen.
Deutsche Beamte unternahmen in der Folge Anstrengungen, um die Abschiebungen der Menschen in ihre Heimat zu verhindern – meist mit Erfolg. Mehrfach wurden zur Abschiebung ausgewählte Afghanen in den vergangenen zwei Wochen zurück in die Gästehäuser gebracht.
„Es herrscht heilloses Chaos“
Nach Informationen von WELT am Sonntag intensivierte die pakistanische Polizei in den vergangenen Tagen ihre Einsätze in Sachen deutsches Aufnahmeprogramm. „Es herrscht heilloses Chaos“, sagte eine mit der Lage vertraute Person in Islamabad. „Unabhängig davon, wie man zu den Aufnahmeprogrammen steht, ist es ein Wahnsinn, wie mit dem Schicksal von Menschen umgegangen wird.“
Das Auswärtige Amt (AA) teilte in der Vorwoche mit, die „aufenthaltsrechtliche Situation“ für afghanische Staatsangehörige habe sich „seit Herbst 2023 verschlechtert und seit Anfang April 2025 erneut verschärft“. Die Bundesregierung stehe „in engem und hochrangigem Kontakt mit der pakistanischen Regierung, um zu verhindern, dass Abschiebungen aufzunehmende Personen aus Afghanistan betreffen, die über eine gültige Aufnahmeerklärung bzw. -zusage verfügen und sich zum Zwecke der Prüfungen im Visumverfahren in Islamabad aufhalten“.
Rund 150 Afghanen in Abschiebecamps gebracht
Am 2. Juli hieß es, dem AA sei die Festnahme zwei betroffener Familien bekannt geworden. Aktuellere Zahlen nannte das Ministerium auf Anfrage nicht. Wie WELT am Sonntag erfuhr, wurden seit Beginn der Einsätze Ende Juni mittlerweile rund 150 Afghanen mit Aufnahmezusage für die Bundesrepublik in Abschiebecamps gebracht, ihr Verbleib ist in vielen Fällen unklar.
Bemerkenswert ist auch, wie Berlin in solchen Fällen immer wieder agierte. Weil die Betroffenen bei Abschiebungen oftmals sogar ihre Reisepässe zurücklassen müssen, sind es deutsche Stellen, die sich bemühen, mithilfe von Kurieren eben jene Ausweisdokumente auf die afghanische Seite der Grenze zu verschaffen. Dort können sie die gerade Abgeschobenen wieder in Empfang nehmen – und legal wieder nach Pakistan einreisen.
Deutschland will Aufnahmezusagen einhalten
Die neue Bundesregierung hatte sich darauf verständigt, die laufenden Aufnahmeprogramme zu beenden und keine neuen aufzusetzen. Außenminister Johann Wadephul (CDU) kündigte aber an, sich an bereits erteilte Aufnahmezusagen für in Pakistan festsitzende Menschen halten zu wollen – sofern diese rechtlich verbindlich sind.
Dass dem so ist, darauf deutet ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin in dieser Woche hin. Dieses hatte am Dienstag entschieden, dass die Bundesregierung einer afghanischen Familie mit Aufnahmezusage auch ein Visum für die Einreise nach Deutschland erteilen muss.
Hat das Auswärtige Amt die Situation unterschätzt?
Nachdem mehrere Personen Klage gegen die Regierung eingereicht hatten, argumentierte das AA in einer WELT am Sonntag vorliegenden schriftlichen Erwiderung am 26. Juni noch, alle Afghanen mit Aufnahmezusage verfügten über „einen Schutzbrief, den die Deutsche Botschaft ausgestellt hat“. Außerdem stünde man in ständigem Kontakt mit den pakistanischen Behörden, die ihr Verständnis dafür erkennen lassen hätten, „dass ein Abschluss der Ausreisen in den humanitären Aufnahmeprogrammen der internationalen Gemeinschaft nicht bis zum Monatsende möglich sein wird“.
Das AA schrieb: „Eine konkrete Abschiebungsgefahr für die Antragsteller:innen ist (…) nicht dargetan.“
Bild Zeitung
Última edição: